Androgynie
Der Spruch `Gegensätze ziehen sich an´ trifft auf Magneten zu: + und − ziehen sich an. Menschen ziehen sich normalerweise genauso gegensätzlich nur in ihrer Bipolarität an als Frau und Mann. Diese Geschlechterunterscheidung beinhaltet nur Unterschiede in den Eigenschaften und Verhaltensweisen bei Menschen, deren Seelen in ihrer Entwicklung eine bestimmte Stufe noch nicht erreicht haben. Ab dieser Stufe bestehen diese Unterschiede nicht mehr. Die Unterscheidung zwischen sogenannten typisch männlichen und typisch weiblichen Eigenschaften und Verhaltensweisen trifft nicht mehr zu. Denn die reine Seele ist androgyn, also männlich und weiblich zugleich.
Um sich so weit zu entwickeln, muß die Seele gegen-sätzliche Erfahrungen machen und inkarniert im Laufe ihrer menschlichen Leben wechselnd als Frau und Mann, wobei die Seele auch mehrmals hintereinander die gleiche Geschlechterrolle haben kann, je nachdem wie es die zu lernenden Lebenslektionen erfordern. Sobald die Seele die Gegensätze in sich vereint hat, ist es gleich, in welchem Geschlecht sie inkarniert.
Entwicklung
Was bedeutet eine vernünftige Vorstellung von der Wieder-geburt für die eigene Entwicklung, die Beziehungen und das tägliche Leben des Menschen? Die Bewußtheit darüber, daß der Sinn des Lebens darin liegt, sich moralisch zu verbessern, also die Tugenden zu entwickeln und zu festigen: Wahrhaftigkeit, Treue, Tapferkeit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit und Besonnenheit, um die wichtigsten zu nennen und vor allem Weisheit – als Tugendhaftigkeit an sich und Anwendung der Erkenntnis. Dazu ist es erforderlich, an sich selbst zu arbeiten in Zeiten, die man dem geistigen Studium widmet, um Inspiration zu erhalten und sich Wissen anzueignen, in Zeiten, die man allein verbringt und zur Selbstreflektion nutzt, um seine Fehler zu erkennen und abzustellen, in Zeiten, in denen man seine Fähigkeiten entfaltet, gleich welcher Art, wenn sie einen guten Zweck haben.
Arbeit an sich selbst heißt nicht, seine Familie zu vernachläs-sigen, auch nicht, den Beruf nicht mehr gewissenhaft auszu-üben. Auch wer wenig Zeit für sich selbst zur Verfügung hat, kann diese sinnvoll nutzen. Auf die Qualität kommt es dabei an, nicht auf die Quantität. Die Bewährung des Erreichten vollzieht sich sowieso im täglichen Leben. Und es gibt vielfältige Gelegenheiten, seine moralische Verbesserung zu üben und seiner Verantwortung als Einzelner gerecht zu werden.
Arbeit an sich selbst heißt nicht, ein asketisches oder eremitenhaftes Leben führen zu müssen. Manche Menschen führen nur deshalb ein solches Leben, weil sie die Vollkom-menheit erlangen wollen. Dafür ziehen sie sich von dem menschlichen Miteinander zurück und leben nur für sich selbst. Die Vollkommenheit sollte jedoch nicht ihrerselbst wegen angestrebt werden. Nur die Gutheit sollte angestrebt und gelebt werden. Die Vollkommenheit ist die Folge davon und nicht der Zweck. Die Entwicklung findet dabei im Wechsel zwischen Zeiten des Alleinseins und des mensch-lichen Miteinanders statt.
Ein Mensch kann den Grad seiner Entwicklung messen, indem er sich selbst auf seine Tugendhaftigkeit abfragt.
Die Freude am Leben ist wichtig. Dabei sind sogenannte Kleinigkeiten nicht unbedeutend. Sich unterwegs zu freuen an zwitschernden Vögeln, die im Baum sitzen, an blühenden Blumen im Vorgarten, am Zulächeln eines entgegenkommenden Mitmenschen setzt Energie frei, die für die Seele gut ist. Das Beisammensein mit lieben Menschen, die man schätzt, ist wertvoll. Hobbys zu haben, bereichert das Leben, wenn sie nicht ausschließlich sinnloser Zerstreuung dienen. Auch in der richtigen Entspannung liegt Konzentration.
Natürlich soll die Arbeit an sich selbst auch Freude be-reiten. Einen Fehler erkannt und nach langem Ringen end-lich abgestellt zu haben oder bei der Entfaltung einer Fähig-keit geistiger oder körperlicher Art einen klaren Fortschritt gemacht zu haben, ist sehr erfüllend. Sich selbst zu optimie-ren und im Rahmen seiner Möglichkeiten Gutes zu bewirken, ist der Sinn der eigenen Entwicklung.
Leben ist Entwicklung. Die gesamte Natur zeigt das. Es ist also nicht natürlich, in seiner Entwicklung stehenzubleiben. Je weiter ein Mensch in seiner Entwicklung kommt, desto besser wird er es im nächsten Leben haben. Den Unterrichts-stoff, den man in einer Schulklasse lernt, braucht man in der nächsten nicht nachzuholen.
Jeder Mensch hat einen Funken göttlicher Energie in sich, den er entfachen soll, bis er wie von einer Flamme erfüllt ist, die ihre Wärme auf die Umgebung ausstrahlt. Das Gesamtziel der Menschheit ist die Gutheit aller Menschen, aus der ihre Vollkommenheit resultiert. Dies mag schwerlich vorstellbar sein, sollte aber als langfristig möglich in Erwägung gezogen werden.